RKW BW-Fachberater Dr. Uwe Machwirth ist Spezialist f?r die Optimierung von Verg?tungssystemen in mittelst?ndischen Unternehmen. Im Interview mit RATIO kompakt ?u?ert sich der HR-Berater ?ber variable Verg?tung und Zielvereinbarung, die Bedeutung des Verg?tungsmanagements f?r F?hrung und Unternehmenskultur - und warum die leistungsgerechte Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim strategischen Blick in die Zukunft ber?cksichtigt werden sollte.

RATIO kompakt: Sehr geehrter Herr Dr. Machwirth. Sie sind Spezialist f?r Personalmanagement. Verg?tung ist ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit als HR-Berater. Welche Erfahrungen machen Sie zurzeit, wenn Sie mit Gesch?ftsf?hrern und Personalleitern mittelst?ndischer Unternehmen sprechen? Ist die Optimierung des Verg?tungsmanagements im Mittelstand ein Thema angesichts der Corona-Krise?

Verg?tungsmanagement ist ein strategisches Thema, das eher durch die Frage der nachhaltigen Unternehmensentwicklung als durch Corona getrieben wird. Verg?tungsmanagement eignet sich klassischerweise nicht f?r die schnelle Kosteneinsparung. Dennoch kann man ?ber zwei Optionen nachdenken, die durch die Krise entstehen. Wenn man seine Mitarbeiter aus strategischen oder unternehmenskulturellen Erw?gungen ohnehin mehr unternehmerische Verantwortung ?bertragen m?chte: Warum nicht jetzt? Freiwilliger Gehaltsverzicht des Mitarbeiters auf der einen Seite, eine attraktive Erfolgsbeteiligung auf der anderen. Man kann viele interessante Ankerpunkte f?r Erfolg finden: tats?chliches Unternehmensergebnis, gro?e und strategisch wichtige Projekte, der Erfolg neu entwickelter Produkte. So l?sst sich jetzt, wenn die Mitarbeiter mitziehen, Liquidit?t sparen, die sp?ter im Erfolgsfall hoffentlich wieder ausbezahlt werden kann. Und das Interesse und Engagement der Mitarbeiter kann so nochmal verst?rkt auf die f?r das Unternehmen wirklich wichtige Themen gelegt werden. Bei Kurzarbeit verlieren Mitarbeiter auf jeden Fall Geld, so h?tten sie die Chance, dieses sp?ter wieder zur?ckzugewinnen. Die zweite Option: Durch die Krise - und zum Teil auch schon davor - hat sich in vielen Bereichen vieles ver?ndert, was sich nicht einfach zur?ckdrehen l?sst, etwa Homeoffice, Distance Leadership, F?hrung virtueller Teams, h?herer Digitalisierungsgrad, mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter bis hin zu agilen Managementkonzepten. Daher w?re jetzt ein guter Zeitpunkt, alte Z?pfe im Verg?tungsmanagement abzuschneiden und es neu auszurichten. So dass es neue Organisationsformen, neue Arbeitsweisen, eine ver?nderte Kultur der F?hrung oder im Unternehmen und eine vielleicht ver?nderte strategische Ausrichtung besser unterst?tzen kann, als dies mit den bisherigen Systemen m?glich war. Daf?r bietet sich die Corona-Krise eigentlich an.

Mitarbeiter stellen h?ufig einen nicht unerheblichen Kostenblock dar. Wird man ihnen gerecht, wenn man als Unternehmer nur auf die Optimierung des Verg?tungsmanagements schaut?

Was bedeutet in diesem Zusammenhang Optimierung? Wenn es in erster Linie um Kosteneinsparung geht, also die Mitarbeiter vor allem als Kostenfaktor gesehen werden und nicht als Wertsch?pfer, wird es sicherlich schwierig. Dient das Verg?tungsmanagement hingegen dazu, das Handeln der Mitarbeiter auf die f?r das Unternehmen wichtigen Ziele auszurichten, dann sehe ich hier keinen Widerspruch. Wenn die Ziele erreicht werden, profitieren alle davon: Das Unternehmen genauso wie die Mitarbeiter durch eine entsprechende Verg?tung und idealerweise durch Besch?ftigungssicherheit.

Das Herstellen einer Verbindung zwischen Unternehmenskultur und Verg?tungsmanagement ist doch einigerma?en ungew?hnlich.

Die Kultur, also die Art und Weise, wie man in einem Unternehmen tats?chlich miteinander umgeht, hat nat?rlich enorme Auswirkungen auf das Verg?tungsmanagement. Es ist die monet?re Anerkennung von Leistung, Einsatz und Wertsch?tzung. Ein Thema also, das emotional hoch besetzt ist. Als Mitarbeiter wei? ich, dass eine hohe Pr?mie bedeutet, dass mein Vorgesetzter mit meiner Leistung sehr zufrieden ist und diese Entscheidung vor seinem Chef oder seiner Chefin vertreten musste. Ich wei? also, dass er sich echt f?r mich einsetzt. Insofern geht die Bedeutung der Pr?mie weit ?ber den rein monet?ren Aspekt hinaus. Auf der anderen Seite wei? ich bei einer geringen Pr?mie, dass meine Leistung nicht gepasst hat und dass mein Chef oder meine Chefin vielleicht hart, aber eben auch fair und gerecht ist. Lob ist ernstgemeint, Kritik auch und beides wird honoriert. Als Mitarbeiter wei? ich, woran ich bin und muss nicht ?zwischen den Zeilen? lesen.

Sprechen wir eigentlich noch ?ber Verg?tung oder schon ?ber F?hrungskompetenz?

Verg?tungsmanagement hat eine viel h?here Wirkung, als es bei der reinen Kostenbetrachtung den Anschein hat. Es ist die ernsthafte Materialisierung von Kultur, von Leistung, Lob, Kritik und von gelebter F?hrung. Weil es eben etwas kostet, und damit mehr wert ist als blo?e Worte. Das Gute daran ist: Da es eine klare Beziehung zwischen Unternehmenskultur und Verg?tung gibt, k?nnen Sie das Verg?tungsmanagement auch f?r die Entwicklung Ihrer Unternehmenskultur nutzen. Um die bestehende Kultur zu stabilisieren oder zur Verdeutlichung eines Richtungswechsels. Sie m?ssen nur wissen, wohin Sie wollen, Ihre Verg?tungssysteme konsequent daraufhin ausrichten und sie zum Monitoring des Fortschritts einsetzen. Das Gleiche gilt f?r die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Verg?tungsmanagement alleine wird zwar nicht f?r einen nachhaltigen Kulturwandel ausreichen, das ist klar, aber es ist ein extrem wichtiger Baustein.

Wie findet man denn das richtige Gehalt f?r einen Mitarbeiter? Gehaltsverhandlungen sind bekanntlich keine einfache Angelegenheit, f?r beide Seiten. In der Regel fehlt es an der Transparenz ?ber das Marktniveau. Was ist Ihre Einsch?tzung, was ist Ihr Beratungsansatz?

Es ist tats?chlich wichtig, das relevante Marktumfeld zu kennen. Regionale Verg?tungs-Benchmarks sind dazu ein sinnvolles Mittel. Auf diese Weise erhalten Sie einen Eindruck des Verg?tungsniveaus in vergleichbaren Unternehmen. Man muss sich mit der eigenen Verg?tungspolitik ja nicht sklavisch daran orientieren, aber man sollte den Benchmark zumindest kennen. Es ist n?mlich wichtig, den eignen F?hrungskr?ften eine gute Zahlenbasis, gute Argumente an die Hand zu geben. Denn diese m?ssen dem Mitarbeiter die Gehaltserh?hung und damit sein Gehaltsniveau begr?nden. Ihre F?hrungskr?fte brauchen Informationen, an die sie auch wirklich glauben - weil sie die teilnehmenden Firmen kennen oder wissen, dass die Daten sorgf?ltig erhoben und sehr gut aufbereitet zur Verf?gung gestellt werden. Und das geht nicht, wenn man sich Verg?tungsdaten aus dem Internet zieht. Verg?tungs-Benchmarks erfordern etwas Aufwand, und sie sind nicht kostenlos. Die Kosten sind aber in der Regel schnell und dauerhaft amortisiert, wenn man nur zwei bis drei Mitarbeiter im Unternehmen findet, deren Gehaltserh?hung durch den Benchmark um einen Prozentpunkt geringer ausf?llt.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Zielen f?hren und f?r Ihre Leistung entsprechend bezahlen, ist eigentlich eine sinnvolle Art der Verg?tung. Gleichwohl funktioniert die leistungsorientierte Verg?tung im betrieblichen Alltag nicht zwangsl?ufig. Agile Managementsysteme wie OKR wollen Zielerreichung und Verg?tung ganz trennen. Warum?

In vielen Unternehmen existieren Zielvereinbarungen und variable Verg?tungen deshalb, weil man sich davon versprochen hat, dass Mitarbeiter sich ? motiviert durch die Zusatzverdienstm?glichkeiten ? in ihrem ganzen Tun auf die gesetzten Ziele konzentrieren. Am besten noch mit Jahreszielen, dann haben die F?hrungskr?fte lange Ruhe. Dass variable Verg?tung so einfach nicht funktioniert, d?rfte sich in der Zwischenzeit herumgesprochen haben. Nach meiner Erfahrung sind Ziele, ?ber die nicht regelm??ig gesprochen wird, das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Nicht zuletzt deshalb fordern ja viele agile Managementsysteme, allen voran OKR, eine sehr viel k?rzere Taktung von Zielen. Das ist meines Erachtens auch richtig. Nur hei?t das nicht, dass man die im Unternehmen bestehenden Systeme gleich ?wie das Kind mit dem Bade? aussch?tten muss. Man kann bestehende Systeme sehr effizient und im Sinne gr??erer Agilit?t optimieren. Aber das Ganze muss weiter zum Unternehmen, seinem Entwicklungsstand und zur Kultur passen. Komplett neu erfinden k?nnen sich nur Start-ups.

An was denken Sie hier zum Beispiel?

Ich bef?rworte k?rzere Fristen, um Ziele an den tats?chlichen, aktuellen Gesch?ftsbedarfen auszurichten. Und es ist sinnvoll, Ziele nicht mehr bezogen auf die Person oder das Team zu definieren, sondern entlang der Wertsch?pfungskette oder Teilen daraus. So verhindert man Suboptimierungen in der Zielsetzung, fokussiert auf die echten Business-Anforderungen und kann den Sinn und vor allem auch die Bedeutung der Zielerreichung oder eben die Konsequenzen ihrer Verfehlung viel deutlicher vor Augen f?hren. Das erh?ht enorm das Commitment. Wichtig ist auch, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Raum und Zeit zu geben, ihr Wissen um Prozesse und Abl?ufe in die Zielvereinbarung mit einzubringen. Denn h?ufig gibt es hierbei hervorragende Ideen.

Was sind Ihre pers?nlichen Erfahrungen bei der Optimierung von Verg?tungsmanagement?

Im Verg?tungsmanagement besteht leicht die Gefahr, es zu perfekt haben zu wollen: Das System soll ja vollst?ndig und unangreifbar sein. Ich pl?diere f?r einen gesunden Pragmatismus. Es ist sehr viel wichtiger, das Commitment der F?hrungskr?fte zu erhalten. Nur wenn die F?hrungskr?fte in den Tools einen Nutzen f?r ihre Arbeit erkennen und sich mit den angebotenen Instrumenten wohl f?hlen, werden sie diese richtig nutzen ? und dann entwickeln die Tools auch ihre volle Wirkung. Deshalb messe ich dem Thema F?hrungs- und Unternehmenskultur bei der Konstruktion von Verg?tungssystemen auch eine so hohe Bedeutung zu. Wenn ein Gesch?ftsf?hrer eines mittelst?ndisches Unternehmen ?ber ein neues Verg?tungssystem nachdenkt, sollte er es immer mit Blick auf die Zukunft seines Unternehmens entwickeln - und dies kulturell und strategisch.

Das RKW BW unterst?tzt mittelst?ndische Unternehmen mit Unternehmensberatung und Weiterbildung - auch bei der Einf?hrung eines zeitgem??en Verg?tungsmanagements. M?chten Sie sich unverbindlich informieren? Wir freuen uns ?ber Ihre Anfrage!

Ralph Sieger Fachbereichsleitung Vertrieb

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Ralph Sieger