Ressourcen- und Energieeffizienz, Investitionen in Nachhaltigkeit und Umweltschutz sichern die Wettbewerbsf?higkeit mittelst?ndischer Unternehmen, betont Professor Dr. Martin M?ller. "Wir werden nur gest?rkt aus der Krise kommen, wenn wir den Klimaschutz miteinbeziehen".

RATIO kompakt: Professor Dr. Martin M?ller, Sie sind Leiter des Instituts f?r Nachhaltige Unternehmensf?hrung an der Universit?t Ulm. Was verstehen Sie unter nachhaltiger Unternehmensf?hrung??

Es geht um die Integration von ?kologischen und sozialen Aspekten in die Unternehmensf?hrung. Zielkonflikte m?ssen aufgezeigt, aber auch Win-win-L?sungen realisiert werden. Dies geht nur systematisch, wenn Nachhaltigkeit Bestandteil der Strategie wird und dann ?ber Ziele und Ma?nahmen in die Unternehmensprozesse integriert werden. Was ich oft sehe, sind Insell?sungen und Ad-hoc-Ma?nahmen, getrieben von Regulierung oder kritischen Stakeholdern. ??

Unternehmen m?ssen sich in erster Linie um ihr Gesch?ftsmodell und die Erzielung von Gewinnen k?mmern, um ihre Mitarbeiter bezahlen und R?cklagen f?r Investitionen bilden zu k?nnen. Wie geht das mit Nachhaltigkeit zusammen?? Ich k?nnte es mir nun leichtmachen und sagen, dass es langfristig keinen Wiederspruch gibt und dass mir noch kein Unternehmen gesagt hat, dass sein Gesch?ftsmodell nur bei Menschenrechtsverletzungen funktioniert, und dass man auf Kosten der Umwelt Gewinne machen will! Aber dies ist zu kurz gedacht. Nat?rlich habe ich teilweise h?here Kosten, wenn ich gewissen Standards folge und die Konkurrenz eben nicht. Wenn der Kunde dann nicht bereit ist f?r den Mehrwert ?Nachhaltigkeit? zu zahlen - und das ist er oft entgegen allen Beteuerungen nicht -, dann habe ich einen Nachteil. Hier hilft dann nur ein einheitliches Level Playing Field!??

K?nnen Sie an einem praktischen Beispiel zeigen, wie Nachhaltigkeit in Unternehmen verankert werden kann??

Im Einkaufsprozess klare Anforderungen in einem Code of Conduct als Bestandteil des Vertrages f?r die Lieferanten festschreiben - wie zum Beispiel keine Kinderarbeit, keine Korruption usw. Im Rahmen eines Risikomanagements (u.a. mit Self Assessments) die Lieferanten bewerten und bei Verdachtsf?llen Audits durchf?hren. Falls Defizite entdeckt werden, Lieferantenentwicklung betreiben. Das ist jetzt nur der Prozess zum First Tier. Spannend wird der Prozess in der ganzen Lieferkette. Den ausf?hrlichen Prozess einschlie?lich des Managements der Lieferkette kann man in meinem gerade zusammen mit meiner Mitarbeiterin Sara Siakala entstandenem Buch ?Nachhaltiges Lieferkettenmanagement. Von der Strategie zur Umsetzung? nachlesen.??

Nachhaltigkeit beim Management der Wertsch?pfungskette ist einer Ihrer Arbeitsschwerpunkte: Welche Effekte k?nnen produzierende Unternehmen erzielen, wenn diese darauf setzen?

Eine ganze Liste: Rechtssicherheit, Transparenz in der Lieferkette, gute Reputation, Kosteneinsparungen durch geringeren Ressourcenverbrauch, h?here Mitarbeiterzufriedenheit, eventuell Reduzierung von Handelsstufen usw. - auch alles nachzulesen in unserem neuen Buch anhand zahlreicher Praxisbeispiele.??

Wir stecken mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. M?sste man jetzt nicht andere Schwerpunkte setzen, statt f?r Ressourcen- und Energieeffizienz und die Einhaltung der Klimaziele zu arbeiten? Kann die Vers?hnung von Kapital und Umwelt denn in diesem Umfeld funktionieren?

?Wir werden nur gest?rkt aus der Krise kommen, wenn wir den Klimaschutz miteinbeziehen. Wir sehen doch gerade die Verletzlichkeit von Lieferketten. Bislang gab es kein aktives Management der Lieferkette, eher evolution?r, Hauptsache die Qualit?t und der Preis stimmen. Jetzt wundert man sich, dass Teile knapp werden, weil sie in Regionen gefertigt werden, die noch im Lockdown sind. Beim voranschreitenden Klimawandel wird es ?hnlich sein. Wenn wir Lieferketten resilienter machen, gewinnen wir ?konomisch und ?kologisch. Ressourcen- und Energieeffizienzpotenziale nicht zu realisieren, ist zudem grob fahrl?ssig, da es ja Kostenvorteile schafft.??

Mittelst?ndische Unternehmen k?nnen bei Produkten und Prozessen und bei Geb?ude und Technik ansetzen, wenn sie Einspareffekte bei Materialeinsatz und Energieaufwand erzielen m?chten. Wo sehen Sie den besten Hebel? Was sind die besten Angriffspunkte aus Ihrer wissenschaftlichen Sicht?

?Das ist pauschal schwer zu sagen, h?ngt stark von der Branche ab. Auch hier empfiehlt sich eine systematische Vorgehensweise, zum Beispiel im Rahmen einer Materialit?tsanalyse. Dann kann man klar priorisieren.??

Welche Instrumente und Vorgehensweisen empfehlen Sie, um Unternehmen nachhaltiger zu machen??

Ich mache ein ganzes Semester lang Vorlesungen, wo Instrumente behandelt werden, um Unternehmen nachhaltiger zu machen. Letztlich k?nnen sie jedes Instrument aus der BWL um Nachhaltigkeitskomponenten erweitern. Sei es nun die Balanced Scorecard, die dann zur Sustainability Balanced Scorecard wird, oder sei es die Produktlebenszyklusanalyse. Dazu kommen nat?rlich noch spezifische Instrumente wir Carbon-footprint-Berechnungen oder ?kobilanzen. In der F&E ist beispielsweise ein Sustainable-product- Design m?glich. Wichtig ist, eine klare Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, mit Zielen zu untersetzen und Ma?nahmen abzuleiten, deren Umsetzung dann kontrolliert wird. Dabei k?nnen in jeder Phase entsprechende Instrumente zum Einsatz kommen.??

Energie- und Ressourceneffizienz, aber auch die Unterst?tzung bei Prozess-Innovationen sind Beratungsschwerpunkte des RKW Baden-W?rttemberg. Wie sehen Sie die Rolle von externer Beratung, wenn es um Nachhaltigkeit und um Innovation geht?

Absolut zentral. Oft sind die Unternehmen in ihrem operativen Tagesgesch?ft eingebunden und ben?tigen Hilfe, um die entsprechenden Potenziale zu heben.??

Wie wichtig ist der Zusammenhang von internationaler Wettbewerbsf?higkeit, Nachhaltigkeit mittelst?ndischer Unternehmen und der Einhaltung der Klimaschutzziele??

Das ist nat?rlich immer der Klassiker: Wenn andere keinen Klimaschutz machen m?ssen, und wir m?ssen, dann verlieren wir unsere Wettbewerbsf?higkeit. Ich ?bertreibe mal etwas, meist kommt das Argument etwas subtiler. Ich erinnere mich noch gut an die Debatten in den 80er und 90er Jahren, wo Umweltschutzma?nahmen und das Erneuerbare Energiegesetz die Wettbewerbsf?higkeit der deutschen Unternehmen angeblich bedrohten. Heute wissen wir aus empirischen Studien, dass das Gegenteil der Fall war. Es sind mehr Arbeitspl?tze entstanden, weil wir unsere Technik und unsere Anlagen weltweit gut verkaufen konnten. Wettbewerbsf?higkeit ist ein komplexes Konstrukt, das von zahlreichen Variablen beeinflusst wird. Da spielt Digitalisierung eine Rolle, Steuers?tze, Fachkr?fteverf?gbarkeit, Innovationsf?higkeit usw. - und nat?rlich auch Klimaschutz. Wobei ich nun mal behaupten w?rde, dass, wenn die Unternehmen keinen Klimaschutz machen, die Wettbewerbsf?higkeit eher negativ beeinflusst wird.??

Welche Ma?nahmen w?nschen Sie sich von der Politik mit Blick auf F?rderprogramme und F?rderkredite??

Das geht eigentlich schon in die richtige Richtung, wobei noch mehr Planbarkeit f?r die Unternehmen ? also eine noch l?ngerfristige Perspektive ? hilfreich w?re.??

Richten Sie Ihre formlose Anfrage an unseren Experten f?r Ressourcen- und Energieeffizienz, Dr. Ulrich Kohaupt. Wir nehmen zeitnah Kontakt mit Ihnen auf und bieten schnelle und pragmatische L?sungen an.

Ralph Sieger Fachbereichsleitung Vertrieb

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