Mit Unternehmensplanung zur Finanzierung

Controlling ist eines der Kernthemen der Unternehmensberatung des RKW BW. Wir haben unseren RKW BW-Fachberater Andreas Streich gebeten, die gegenw?rtige Situation f?r mittelst?ndische Unternehmen einzusch?tzen. Im Interview mit RATIO kompakt ?u?ert sich der Controlling- und Finanzierungsspezialist zum Schnellkredit der KfW, zum Bankenreporting - und er stellt die Vorteile von begleitendem Controlling dar. 

RATIO kompakt: Sehr geehrter Herr Streich. Die Corona-Krise trifft die Wirtschaft hart. Was f?r Erfahrungen machen Sie aktuell bei der betriebswirtschaftlichen Betreuung von Unternehmen?

Es besteht eine gro?e Verunsicherung dar?ber, wie es weitergehen soll. Mit Krediten und Corona-Paketen wird die gr??te Not, sprich Liquidit?tsenge, gelindert. Aber die Kredite m?ssen auch zur?ckbezahlt werden.

Das wird sicher f?r die eigenkapitalschwachen Unternehmen ein Problem werden.
Um so wichtiger wird da die ?berpr?fung des eigentlichen Gesch?ftsmodells. Ist das bestehende Gesch?ftsmodell tragf?hig und zukunftsf?hig? Welche Ver?nderungen m?ssen vorgenommen werden? Muss mit neuen Produkten oder Dienstleistungen in die Zukunft gegangen werden?

Beim KfW-Schnellkredit ?bernimmt der Bund 100 Prozent des Risikos. Sowohl f?r Banken als auch f?r Unternehmen eine gute Sache, oder?

F?r Unternehmen, die durch die Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten sind, ist dies grunds?tzlich eine gute L?sung. Trotzdem muss man beachten, dass diese Kredite auch zur?ckgezahlt werden m?ssen. In den wenigsten Branchen k?nnen die Ums?tze wieder aufgeholt werden. Dies bedeutet, dass die R?ckzahlung aus dem normalen Gesch?ftsbetrieb erfolgen muss. Das wird f?r viele Unternehmen eine enorme Herausforderung werden. Und vor allem sollte man die Finanzierung als Ganzes im Auge behalten, da der Schnellkredit mit anderen attraktiven Finanzierungsinstrumenten nicht vereinbar ist.

Sie sorgen f?r Zahlentransparenz in mittelst?ndischen Unternehmen. Wie machen Sie das?

Zun?chst wird eine Analyse auf Basis der Vergangenheitszahlen, sprich Jahresabschl?sse, durchgef?hrt. Hierbei k?nnen oft schon Kostensenkungspotenziale identifiziert werden. Anschlie?end wird ein strukturierter Unternehmensplanungsprozess aufgesetzt. Die kommenden drei Jahres werden sehr detailliert geplant. Vor allem m?ssen die Planungsannahmen herausgearbeitet werden. Folgende Fragen sind hier zu ber?cksichtigen: Sind relevante Entwicklungen im Markt- und Wettbewerbsumfeld ber?cksichtigt? Drohen branchen- oder unternehmensspezifische Risiken? Wurden die Absatzpotenziale realistisch eingesch?tzt? Sind die Budget- und Kostenentwicklungen nachvollziehbar? Das Management wird in jeden Planungsschritt einbezogen und ist integraler Bestandteil des Beratungsprozesses.

Was hat die Gesch?ftsleitung davon? Was sind die Vorteile?

Die Gesch?ftsleitung hat ein Steuerungsinstrument und ein Informationsmedium f?r die Finanzierungspartner. Ein Vorteil liegt nat?rlich auch darin, dass ein externer Berater mit seiner Erfahrung und seinem Blick von au?en zur Seite steht und schnell Hilfestellung geben kann. So wird bei m?glichen Fehlentwicklungen keine wertvolle Zeit verschenkt. Daneben ist f?r den Mittelstand externes Controlling auch noch g?nstiger als einen Controller fest einzustellen, vor allem, wenn auch noch F?rdermittel wie beispielsweise ?ber das RKW BW eingesetzt werden k?nnen. Zus?tzlich verbessern sich die sogenannten Softfacts im Bankenrating durch ein strukturiertes Controlling.

Was sind wesentliche Bestandteile Ihres Controlling-Instruments?

F?r ein zielgerichtetes Controlling sind zum einen die Unternehmensplanung und zum anderen das monatliche, mit der Planung verbundene Reporting essenziell. Mit dem Reporting wird das Unternehmen zeitnah gesteuert und gleichzeitig k?nnen die
Hausbanken ?ber die aktuelle finanzielle Situation informiert werden. Im Reporting sollte ein Fr?hwarnsystem zur Krisenfr?herkennung integriert sein. Der Fokus des Reporting ist zukunftsorientiert, dies bedeutet, dass rollierende GuV-Rechnung und rollierende Liquidit?tsplanung integriert sind. So kann man fr?hzeitig einen Liquidit?tsengpass erkennen und entsprechend gegensteuern, indem mit den Hausbanken Kontakt aufgenommen werden kann. Der Kennzahlenbereich liefert wichtige Informationen f?r die Unternehmensentwicklung ?auf einen Blick?. Da das Reporting den gleichen Kontenaufbau wie die Buchhaltung hat, kann sich das Management schnell zurechtfinden und das System sofort einsetzen.

Ist die Einrichtung eines Managementinformationssystems aufwendig?

Grunds?tzlich ist dies nicht aufwendig. Es h?ngt von den Buchhaltungssystemen und der Transparenz des Gesch?ftsmodells ab. Wenn die Vorjahreswerte in elektronischer Form zur Verf?gung stehen und die Buchhaltung mit einer Datenschnittstelle ausgestattet ist, kann die Einrichtung sehr schnell gehen. Aufwendig wird es immer dann, wenn Datenmaterial manuell verarbeitet werden muss. Wir verf?gen ?ber ein Manangementreporting, das wir mit dem Lehrstuhl f?r Controlling an der FH Heilbronn entwickelt haben. Das k?nnen wir leicht auf die jeweilige Situation im Unternehmen ?bertragen.

In der aktuellen Krisensituation haben mittelst?ndische Unternehmen sicher Vorteile, wenn diese mit Controlling arbeiten.

Auf jeden Fall. Mit den Planungsunterlagen, verbunden mit der Liquidit?tsplanung, ist ?berhaupt die Grundlage f?r die Verhandlungen mit den Banken geschaffen. Als Unternehmer sollte man ja schlie?lich wissen, wie zus?tzliche Kredite auch wieder zur?ckgezahlt werden k?nnen. Ohne Unternehmensplanung, Liquidit?tsplanung und strukturiertes Controlling wird keine Bank eine Finanzierung genehmigen.

Viele Unternehmen brauchen die Banken zur Finanzierung der Liquidit?t. Sind die Banken hierbei zu unflexibel?

Zu unflexibel nicht, aber die Entscheidungswege sind in Zeiten von Corona nicht unbedingt schneller geworden. Verglichen mit den Entwicklungen im Fintech-Bereich sehe ich hier Verbesserungs-potenzial. Vorteilhaft ist jedenfalls eine gut gepflegte Hausbank-beziehung. Von zu vielen Banken rate ich ab, da sich hier keine als Hausbank f?hlt.