Der Anstieg an Unternehmens?bernahmen ist ein Trend, der sich verst?rken d?rfte. Das betont Guy Selbherr, der Vorstand der B?rgschaftsbank Baden-W?rttemberg im Interview mit RATIO kompakt. Er erl?utert, worauf es bei Nachfolge- und ?bernahmeprojekten ankommt, damit der ?bergabeprozess zu einer Erfolgsgeschichte werden kann.

RATIO kompakt: In vielen mittelst?ndischen Unternehmen in Baden-W?rttemberg muss die Nachfolge geregelt werden. Nicht wenige Inhaber und Gesch?ftsf?hrer tun sich dabei schwer. Bekommt die B?rgschaftsbank viele Anfragen auf den Tisch, wie war die Entwicklung in den vergangenen Jahren?

Insgesamt haben Existenzgr?ndungen, also Neugr?ndungen und ?bernahmen, einen sehr gro?en Anteil am Erfolg unseres F?rdergesch?fts. So haben wir in abgelaufenen Jahr 1.223 Genehmigungen verzeichnet. Im Detail waren darunter 730 Neugr?ndungen und 493 Nachfolgen. F?r viele potenzielle Gr?nder ist die ?bernahme eines bestehenden Betriebs anstelle einer Neugr?ndung die beste Option, denn hier sind Unternehmensstrukturen und Personal bereits vorhanden. Dieser Trend d?rfte sich auch aufgrund der demografischen Entwicklung weiter verst?rken, da in den Chefetagen das Alter weiter steigt. Die B?rgschaftsbank unterst?tzt den Generationswechsel gezielt mit einer h?heren B?rgschaftsquote, sie strukturiert stabile Finanzierungen mit eigenkapital?hnlichen Bausteinen und verb?rgt auch eine so genannte Investitionsreserve, um einen zus?tzlichen Finanzierungspuffer zu schaffen.

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf das Nachfolgegeschehen aus? Sehen Sie aktuell eher eine Zur?ckhaltung sowohl bei ?bergebern als auch bei potenziellen ?bernehmern? Oder steigt sogar das Interesse bei K?ufern?

Wir beobachten, dass es von Jahresbeginn an bis heute im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ?berraschenderweise sogar einen Anstieg an Unternehmens?bernahmen gab. So haben wir 2020 bisher 382 Projekte mit einem Volumen von knapp 115.000 Euro genehmigt. Das ist sowohl bei der Anzahl als auch beim Volumen ein Plus von sechs Prozent. Dar?ber hinaus zeigt sich auch, dass wir in diesem Jahr gr??ere ?bernahmefinanzierungen unterst?tzt haben. Allerdings wirft die Corona-Krise auch auf manche ?bernahmen einen Schatten, denn nicht jedes Gesch?ftsmodell ist von der Pandemie gleich betroffen und m?gliche starke Umsatz- und Ertragsr?ckg?nge m?ssen dabei auch aufgefangen werden k?nnen. Im Einzelfall ist sicherlich der Kaufpreis nachzuverhandeln.

Die Unterst?tzung von Gr?nderinnen und Gr?ndern bei der ?bernahme eines mittelst?ndischen Unternehmens geh?rt zu den Kernaufgaben der B?rgschaftsbank und der MBG. Welche M?glichkeiten gibt es hier, welche Vorteile haben ?bernehmer? Wie sieht aus Sicht der B?rgschaftsbank eine stabile ?bernahmefinanzierung aus?

Wir stehen den ?bernehmern beratend zur Seite und analysieren die bisherige betriebliche Entwicklung und die Zukunftsperspektiven des zu ?bernehmenden Betriebes. Das Ergebnis ist Basis f?r die Beurteilung der Angemessenheit des Kaufpreises. Bei der Zusammensetzung der Finanzierung achten wir auf eine ausgewogene Finanzierungsstruktur aus Eigenkapital, eigenkapital?hnlichen Mitteln und Krediten, f?r die wir einen Teil des Risikos ?bernehmen k?nnen.

Dar?ber hinaus profitiert der ?bernehmer von unserem gro?en Netzwerk, bestehend aus Kammern, Verb?nden, Universit?ten und Experten. Auf dieses breite Netzwerk greifen wir zur?ck, beispielsweise bei der Vorbereitung der Unternehmer sowie bei der Unterst?tzung, wenn es Schwierigkeiten gibt. Und wir nutzen dabei auch sehr gerne die Kompetenz des RKW BW-Beraternetzwerkes. ?brigens auch nach der ?bernahme, hier empfehlen wir unser Check-up-Werkzeug, das schon innerhalb des ersten Jahres nach der ?bernahme zeigt, ob sie funktioniert hat.

Wo liegen speziell bei der ?bernahme die Herausforderungen aus Sicht der B?rgschaftsbank, was sind die gr??ten Risiken?

Der K?ufer sollte zum Unternehmen passen und auch mit dem Verk?ufer ein St?ck weit harmonieren. Dies ist besonders wichtig, wenn der Verk?ufer noch einige Zeit im Unternehmen mitarbeitet. In diesem Zusammenhang muss die Rollenverteilung klar festgelegt sein. Der K?ufer hat jetzt ? vor allem auch gegen?ber den Mitarbeitern ? das Sagen im Betrieb, der Verk?ufer muss loslassen k?nnen.

Alle Verkaufsmodalit?ten sind im Rahmen der Verhandlungen abzustimmen und dann auch vertraglich zu fixieren. So haben beide Parteien entsprechende Rechtssicherheit, falls es doch einmal zum Streit kommt. Obwohl der K?ufer einen laufenden Gesch?ftsbetrieb ?bernimmt, muss damit gerechnet werden, dass durch die ?bernahme gewisse Reibungsverluste entstehen k?nnen, die unter Umst?nden auch die betriebliche Entwicklung negativ beeinflussen. Hier ist es vorteilhaft, wenn ein gewisser finanzieller Puffer besteht, um diese Phase ?berstehen zu k?nnen. Wichtig ist, sich fachkundigen Rat, zum Beispiel zu steuerlichen und rechtlichen Fragen einzuholen, und einen erfahrenen Berater f?r eine Due-Diligence-Pr?fung zu beauftragen. Nach unserer Erfahrung sollte eine Nachfolge ?ber einen Zeithorizont von f?nf Jahren geplant werden.

Knackpunkt und oftmals auch Streitpunkt zwischen ?bergebern und ?bernehmern ist der ?angemessene Verkaufspreis?. Was empfiehlt hier die B?rgschaftsbank?

Der ?bernahmepreis und die Bedingungen sollten fair sein und die daraus resultierende Finanzierung darf die wirtschaftliche Leistungsf?higkeit des Unternehmens nicht ?berfordern. Neben Zins und Tilgung f?r die ?bernahmefinanzierung muss noch gen?gend Liquidit?t verbleiben, um auch den laufenden Gesch?ftsbetrieb und das betriebliche Wachstum oder auch notwendige Ersatzinvestitionen, die vielleicht in den letzten Jahren vor dem Verkauf unterlassen wurden, finanzieren zu k?nnen. Sonst k?nnte das Unternehmen schnell in eine Schieflage geraten, vor allem auch dann, wenn sich die Konjunktur abk?hlt.

So mancher K?ufer erwartet, dass durch die Covid19-Pandemie und den Knick in der Unternehmensentwicklung der Unternehmenswert deutlich sinkt. Wie geht Ihr Haus damit um?

Grunds?tzlich ist der Kaufpreis Verhandlungssache zwischen dem Verk?ufer und dem ?bernehmer. Aber selbstverst?ndlich analysieren wir ? wie bereits erw?hnt ? auch die bisherige betriebliche Entwicklung und die Zukunftsperspektiven des zu ?bernehmenden Betriebes als Basis f?r die Ermittlung des Kaufpreises. Sollte die Gesch?ftsentwicklung eines Betriebs durch Corona stark betroffen sein, wird sich das nat?rlich auch auf den Kaufpreis niederschlagen. Das Ziel ist dabei ein fairer Ausgleich von Chancen und Risiken, dabei kann auch ein Teil des Kaufpreises variabel ausgestaltet werden, da aufgrund der Unw?gbarkeiten derzeit keiner sicher sagen kann, wie lange sich entsprechende Beeintr?chtigungen durch Corona ergeben.

Das RKW Baden-W?rttemberg ber?t Mittelst?ndler bei der Planung der Nachfolge und unterst?tzt Gr?nderinnen und Gr?nder beim Einstieg oder bei der Komplett?bernahme. Welche Vorteile kann eine solche externe Beratung f?r die B?rgschaftsbank und die beteiligte Hausbank bringen?

Das RKW BW erf?llt neben seiner Beratungsfunktion vor allem die Aufgabe als Qualit?tssicherer und Vermittler f?r Berater im Nachfolgeprozess. Geht beim RKW eine Beratungsanfrage ein, schl?gt es aus einem Pool an selbstst?ndigen Beratern mit unterschiedlichen Spezialisierungen den oder die f?r das angefragte Thema passenden Berater vor. Externe Berater haben den Vorteil, dass sie den Sachverhalt losgel?st von einer bisherigen Bindung zum Unternehmen betrachten k?nnen. Im Gegensatz dazu ist zum Beispiel der Steuerberater dadurch befangen, dass er das Unternehmen und den Inhaber privat seit vielen Jahren vertritt und somit sein Fokus auf den Interessen dieser Partei liegt. Zudem m?chte er sein Mandat nicht verlieren.

Der Verk?ufer kann sich weiterhin um sein Tagesgesch?ft k?mmern, w?hrend der Berater den ?bergabeprozess angeht. Damit leidet die betriebliche Entwicklung nicht darunter. Ein erfahrener Berater kann helfen, Fehler und Fallstricke zu vermeiden. Auch bei der Ausarbeitung und Strukturierung der Finanzierung kann der Berater unterst?tzen. So ist der K?ufer hier nicht allein auf Vorschl?ge und Produkte seiner Hausbank angewiesen. Wird der Berater mit der Erstellung einer Due Diligence beauftragt, unterzieht er das Unternehmen einer detaillierten Pr?fung. Damit haben alle Beteiligten ? K?ufer, Verk?ufer und die Banken ? die Sicherheit, dass keine versteckten Risiken auftreten.

Als Finanzierer ?ber B?rgschaften und Beteiligungskapital f?hlen wir uns mit einem externen Berater auf jeden Fall wohler, denn es reduziert erheblich das Risiko eines Scheiterns, das zum Beispiel besteht, wenn der ?bernehmer nicht zum Unternehmen passt. Au?erdem erkennen wir in einer fr?hen Phase, dass der ?bernehmer offen f?r externe Beratungsunterst?tzung ist. Das erscheint uns wichtig, wenn wir das Unternehmen ?ber eine lange Zeit begleiten wollen.

Im vergangenen Jahr haben der Verband Deutscher B?rgschaftsbanken, Creditreform Rating und die FOM Hochschule f?r Oekonomie & Management gemeinsam einen Nachfolgemonitor ver?ffentlicht, der interessante Ergebnisse zu Unternehmens?bernahmen in Deutschland und Baden-W?rttemberg enth?lt. Zum Nachfolgemonitor.

M?chten Sie mehr erfahren?

Das RKW BW unterst?tzt mittelst?ndische Unternehmen mit Unternehmensberatung und Weiterbildung - auch bei den Themen Unternehmensnachfolge, Unternehmens?bernahme und Unternehmensverkauf. M?chten Sie sich unverbindlich informieren? Wir freuen uns ?ber ihre Anfrage!

Ralph Sieger Fachbereichsleitung Vertrieb

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Ralph Sieger